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Lange Zeit galt das 17. Jahrhundert als ökonomisch rückständig: als Epoche, die allenfalls als Etappe auf dem Weg hin zur ‚Industriellen Revolution‘ zu mustern war, ja als Zeitraum eines wirtschaftlichen Rückgangs, als ‚dunkles 17. Jahrhundert‘. Der Band zeigt, dass sich diese Sichtweise grundlegend geändert hat. Verantwortlich dafür sind die Kritik an der ‚Industriellen Revolution‘, das interdisziplinäre Interesse an der material culture der Zeit sowie die Konjunktur mikrohistorischer Studien über ökonomische Fragen.Vor diesem Hintergrund beschreiben die Beiträge den Wandel der marktförmigen Gesellschaft, ihrer Praktiken und Mentalitäten, die Ökonomien des Wissens und die Wissensökonomien als Ökonomisierungen der Epoche. Exemplarisch prüft der Band die These, dass es in Europa und auch global zu einer Zunahme ökonomisch geleiteter, jedoch auf andere soziale und kulturelle Bereiche ausgreifender Herausforderungen und Semantiken kam. Die Fallstudien nehmen ‚das lange 17. Jahrhundert‘ in den Blick; sie reichen von der Entwicklung des theologischen Begriffs vom commercium bis hin zur Heilsökonomie, wie sich die pietistische Indienmission diese vorstellte, von der à la mode-Kritik am Luxus bis hin zum Juwelenhandel, von der Ökonomie der Gelehrtenrepublik bis hin zu alchemistischen Versuchen, Gold herzustellen, von der Handelsgerichtsbarkeit bis zum transnationalen Handel, auch mit Sklaven- und Gefangenen. Im Ergebnis zeigt sich, dass ökonomisch geleitete Herausforderungen und Semantiken im 17. Jahrhundert tatsächlich zunahmen, sich aber zumeist auch an anderen, religiösen, moralischen und kulturellen Umgangs- und Deutungsformen bewähren mussten.